Auf bananapi-kaufen.de hatten wir die Möglichkeit den Entwicklern von Bananian Linux einige Fragen zu stellen. Dieses Interview soll natürlich an dieser Stelle nicht fehlen.
Das Interview mit Nico Isenbeck, dem Projektleiter von Bananian Linux, ist der Start in eine neue Artikelserie. Thema des Interviews ist die Entstehung, Entwicklung und Zukunft von Bananian Linux. Dabei steht der aktuelle Release und das Feedback der Community im Vordergrund. Zu Beginn möchte ich mich gleich im Voraus bei Nico Isenbeck für die Beantwortung meiner Fragen bedanken!
Wie kam es zu Bananian Linux?
Ich habe bereits seit einigen Jahren einen Raspberry Pi als „Miniserver“ im Einsatz aber leider ist die Performance des RasPi dafür nicht mehr ausreichend und daher habe ich mich nach einer Alternative umgesehen, die etwas mehr Performance bietet aber dennoch wenig Strom verbraucht. So bin ich dann zu meinem ersten Banana Pi gekommen.
Nachdem der Banana Pi beschafft war, musste ich leider feststellen, dass keines der angebotenen Images meine Anforderungen an ein performantes, Debian basiertes Minimalsystem ohne grafische Oberfläche erfüllt. Da LeMaker die Kernel Sourcecodes auf GitHub veröffentlicht hat, habe ich mir dann einen Kernel und ein U-Boot kompiliert und drumherum ein Debian System nach meinen Anforderungen erstellt. Als es dann fertig war, erzählte ich einen Freund davon und der fragte sofort: „Warum veröffentlichst du das nicht?“ Ja, warum eigentlich nicht?
Also noch schnell ein Config-Tool (bananian-config) runtergehackt, eine kleine Webseite erstellt und fertig war Bananian Linux 14.08!
Wofür verwendest du deinen „Miniserver“ auf Basis des Banana Pi?
Der Banana Pi erfüllt bei mir die folgenden Aufgaben:
- IPv6 Terminierung (6in4 Tunnel)
- IPv6 Router (radvd)
- WLAN Access Point (hostapd)
- Monitoring System auf Basis von OMD/Nagios/check_mk (siehe auch https://www.bananian.org/omd)
- Backup meines Smartphones über WLAN mit rsync
Was machst du, wenn du nicht gerade an Bananian Linux arbeitest?
Beruflich bin ich Systemadministrator bei einem kleinen Internetprovider und IT-Dienstleister in Hamburg. Dort verbringe ich rund 90 % der Arbeitszeit in der Linux Konsole und ab und an muss ich mich auch mal mit den Problemen der Windows Endanwender herumschlagen.
Aktuell liegt Bananian Linux in der Version 14.09 vor (Released 18.9.2014). Welche Neuerungen und Funktionalitäten umfasst die aktuelle Version von Bananian Linux?
Wie oben schon angedeutet war das erste Release von Bananian (14.08) eine mehr oder weniger spontane Aktion und ich hätte niemals mit so einem Erfolg gerechnet. Leider gab es auch noch einige schwerwiegende Bugs und Unschönheiten, die mit dem aktuellen Release geradegezogen wurden.
Die Details kann jeder im Changelog unter https://www.bananian.org/changelog nachlesen. Hier nur ein paar Details:
- Bananian setzt nur noch eine 2 GB große SD Karte voraus. (vorher 4 GB)
- der neue Kernel bringt viele interessante Details wie z.B. den Temperatursensor
- der USB OTG Port ist standardmäßig aktiviert
- der für die Grafikbeschleunigung reservierte Speicher ist freigegeben, so dass man ca. 970 MB des Arbeitsspeichers auch wirklich nutzen kann
- die CPU taktet sich dynamisch zwischen 600 und 1000 Mhz
Welche Neuerungen kommen mit dem nächsten Release und wann erscheint dieser?
Das nächste Release wird ein Minor Update sein und die Versionsnummer 14.09 r2 tragen.
Nach derzeitigem Plan wird dies ein reines Kernel Update auf Version 3.4.103.
Die Kernel Konfiguration wird sich in diesem Zuge ebenfalls etwas verändern:
Das Dateisystem XFS wird Einzug halten und VLAN Logging deaktiviert.
Den „Allwinner Security System Cryptographic Accelerator“ hoffe ich auch bereits im nächsten Release unterstützen zu können. Dieser bietet Hardwarebeschleunigung für diverse Cryptofunktionen, unter anderem SSH. Das Release ist für Ende Oktober/Anfang November geplant. Bestehende Installationen lassen sich bequem über bananian-update aktualisieren.
Wie sieht die Roadmap langfristig aus und wo steht Bananian Linux in der Zukunft?
Ob es dieses Jahr noch ein weiteres Major Update geben wird, vermag ich derzeit noch nicht zu sagen. Die Community ist aber sehr aktiv und bringt jede Menge Verbesserungsvorschläge ein. Daher kann ich zu diesem Zeitpunkt auch noch keine verbindliche Aussage dazu treffen.
Ihr seid alle aufgefordert euch daran zu beteiligen!
Das offizielle Forum, gehostet von LeMaker, ist der richtige Ort dafür. Wer mir persönlich etwas mitteilen möchte, findet dazu auf der offiziellen Projektwebseite die nötigen Kontaktinformationen.
Zwei Dinge werden sicher Einzug in das nächste Release finden:
Das ext4 Journaling auf der SD Karte wird deaktiviert (verlängert die Lebensdauer der Karte) und es wird ein Bananian apt Repository geben, über das die Bananian Pakete und Updates verteilt werden.
Inwieweit arbeitest du mit den Banana Pi Machern von lemaker.org zusammen?
Bananian Linux ist ein offizieller Partner von LeMaker und ich werde mit Informationen und Hardware-Samples versorgt. Eine finanzielle Unterstützung erfolgt nicht, Bananian ist eine herstellerunabhängige Distribution. Einzig die Community und in letzter Instanz das Bananian Team entscheidet, wohin die Reise geht. Ich lege auch sehr viel Wert darauf, dass dies so bleibt.
Ist es möglich / erdenklich, dass Bananian Linux zu einem späteren Zeitpunkt auf anderen Einplatinencomputern läuft?
Grundsätzlich ja. Insbesondere weitere Allwinner A20 Systeme würden sich dafür anbieten. Derzeit gibt es aber weder Pläne noch irgendwelche Tests in diese Richtung. Wir haben derzeit mit dem Banana Pi schon genug zu tun.
Welches Feedback erlangt Bananian Linux gegenwärtig von der Community?
Die Community ist mittlerweile recht aktiv. Leider ist dies von außen nicht unbedingt ersichtlich, da sich die Aktivitäten über mehrere Bereiche verteilen. Da wäre zum einen das LeMaker Forum, der Bugtracker und unsere E-Mail Adresse, über die sehr viel Feedback reinkommt.
Welche Thematiken werden zur Zeit primär von den Bananian Linux Anwendern erfragt / angesprochen?
Interessanterweise fragen viele Anwender nach eine grafischen Oberfläche. Ich kann hier aber direkt klarstellen, dass Bananian keine grafische Oberfläche erhalten wird. Bananian ist primär eine Serverdistribution und für den Headless Betrieb ausgelegt. Wer es dennoch als Desktop OS nutzen möchte, kann dies gerne tun und sich ein Desktop Environment nach Wunsch installieren.
Die folgende Seite ist ein hervorragender Einstiegspunkt in das Thema: https://wiki.debian.org/DesktopEnvironment
Angefragt wird zudem ein Image auf Debian 8 „Jessie“ Basis. Nach dem offiziellen Jessie Release wird selbstverständlich auch Bananian Linux aktualisiert und Jessie als Basis verwenden. Wer Jessie jetzt schon ausprobieren möchte, ändert die Paketquellen (sources.list) und macht ein dist-upgrade. Dies wird derzeit aber noch nicht empfohlen und passiert selbstverständlichauf eigenes Risiko.
Viel Ärger macht uns die Entscheidung den USB OTG Port standardmäßig zu aktivieren. Dadurch lässt sich dieser Port nicht mehr zum Stromversorgung nutzen. Leider ist vielen Anwendern nicht bewusst, dass es einen Unterschied zwischen den beiden Micro USB Ports gibt. Ein entsprechender Eintrag ist aber bereits in den FAQ enthalten.
Schlusswort
Anhand des Interviews und den Informationen von Nico Isenbeck werden die Vorteile von Bananian Linux als lightweight Betriebssystem für den Banana Pi verdeutlicht. Gerade wer den Pi als reines Serversystem nutzen möchte kann mit Bananian maximale Performance und Sicherheit herausholen. Mit diesem Interview steigen wir gleichzeitig in eine neue Artikelserie speziell zu Bananian Linux ein. Vielen Dank an Nico Isenbeck für die Beantwortung der Fragen und auf eine gute Zusammenarbeit.
Bild: Logo Bananian Linux (bananian.org)
Bananian füllt eine schmerzliche Lücke. Endlich gibt es eine Distribution ohne GUI Ballast. Für den Server Betrieb sind SSH (out of the box) und die Freigabe des Grafikspeichers ein großer Gewinn im Vergleich zu Lubuntu und den anderen GUI Distributionen. Danke für die Distribution.
Hallo hermannk,
ich sehe das genauso wie du! Bananian hat mich von Beginn an begeistert!
Momentan hab ich meine Webseite auf dem Raspberry Pi gehostet. Da dieser ziemlich ungeeignet für Apache2 ist, hab ich mir nun einen Banana Pi bestellt.
Da kommt mir Bananian gerade Recht :) Endlich mal ein vernüftiges und schlankes Debian – Derivat, das für den Serverbetrieb optimiert wurde!
Viel Erfolg und danke an Nico Isenbeck